Wie wird Karate gelehrt?

Karate wird im Training in verschiedene Oberbegriffe unterteilt:

Kihon

Grundtechniken werden als eine Art „Schattenboxen“ vermittelt, um den prinzipiellen Ablauf dieser Fauststöße, Hebel, Tritte, Stände und Blöcke zu verstehen und zu verinnerlichen.

Kihon sind auch Teil der Prüfungsordnung, wobei die Anzahl und der Schwierigkeitsgrad der nachzuweisenden Techniken von Prüfung zu Prüfung höher wird.

Kata

Kata sind i.d.R. Scheinkämpfe, die mit mehreren imaginären Gegnern gleichzeitig geführt werden. Einige Kata sind jedoch Übungen, die an Qi Gong erinnern und die innere Kraft stärken. Katas sind der historisch älteste Bestandteil des Karate-Trainings. Vordergründiger Sinn (omote) der Kata ist es, schnelle Übergänge und Verschmelzungen zwischen den als Kihon gelernten Grundtechniken herzustellen und Gesamtbewegungen zu erlernen.

Im Shotokan-Karate gibt es 28 Katas, die ein Meister beherrschen sollte. Frühere Karate-Meister auf Okinawa spezialisierten sich auf nur eine Kata, die sie ein Leben lang verfeinerten. Auch bei der Einführung des Karate in Japan war eine Grundregel, dass man für eine Kata 3 Jahre benötigte, um sie zu erlernen. Dies wird von vielen Traditionalisten als Kritik des heutigen Kata-Trainings angeführt. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die 3-Jahres-Regel i.d.R. nur für die erste Kata angewandt wurde und danach mit wachsender Erfahrung pro Kata weniger Zeit benötigt wird. In unserem Dojo wie auch im gesamten Deutschen Karate Verband (DKV) werden als erste die sogenannten Heian-Katas nach der Anfänger-Kata Teikyoku Shodan gelehrt. Unter dem Wissen, dass die fünf Heian-Katas von Itosu Anko (1832-1916) aus didaktischen Gründen aus einer einzigen Kata (Kushanku/Kankudai) entwickelt wurden und man zwischen den einzelnen Prüfungen mit je einer der genannten Katas zwischen 3 bis 6 Monaten regelmäßigen Trainings braucht, genügt der moderne Trainingsablauf in unserem Dojo auch traditionellen Ansprüchen zumal dann nochmals Trainingszeit für die 65 Einzeltechniken von Kankudai benötigt wird. Ähnliches gilt für die drei Tekki-Katas und ihre Ursprungs-Kata Naihanchi.

Zusätzlich zu der offensichtlichen Bedeutung von Techniken (omote) gibt es eine nicht immer genauso offensichtliche Bedeutung einer Technik (bunkai). Da es (wenn überhaupt) nur sehr wenige alte Überlieferungen zur Bedeutung von Techniken gibt, spielt auch schon beim Trainierenden die persönliche Interpretation von Techniken eine Rolle (oyo bunkai), was man jedoch ebenfalls üben muss. Bunkai wird bei Erwachsenen von Anfang an ebenfalls in unserem Dojo gelehrt.

Selbst bei erfahrenen Karateka weniger bekannt ist, dass es zusätzlich zu Omote und Bunkai noch versteckte und geheime Techniken (okuden) gibt. Versteckte Techniken können z.B. Übergangstechniken und Nebenbewegungen sein, welche bereits bei den erfahreneren Kyu-Graden vermittelt werden. Geheime Techniken bestehen v.a. aus Nervenstimulationstechniken. Auch hier gibt es eine Steigerung in der Bedeutung dieser Techniken. Einige werden nur vom erfahrensten Meister auf den Meister-Schüler (uchi deshi) weitergegeben.

Kumite

Kumite ist ein geordneter Kampf zwischen mindestens zwei Karateka nach strengen Regeln, um Verletzungen zu vermeiden. Die teilnehmenden Karateka sind jedoch keine Gegner, sondern Partner. Kumite wurde erst nach dem 2. Weltkrieg im Karate eingeführt, um in Wettkämpfen Vergleiche zu ermöglichen, was bis dahin nicht möglich gewesen war. War die Japanisierung des Karate in den 1920er Jahren eine Hinwendung zur Öffentlichkeit und zum Volkssport, so war die Einführung von Kumite in den 1950er Jahren die Ausrichtung in Richtung Leistungssport.

Es gibt mehrere Ausprägungen von Kumite:

  • Kihon-Kumite: Nach vorherigem Ansagen einer Angriffstechnik durch den Angreifenden führt der Verteidigende passende Blöcke und einen abschließenden Gegenangriff aus. Kihon-Kumite ist Bestandteil von Karate-Prüfungen und somit natürlich auch Trainingsbestandteil.
  • Randori: Freikampf, bei dem mindestens zwei Karateka ohne vorherige Festlegung der Rollen und Techniken die bis dahin erlernten und insgesamt erlaubten Techniken spielerisch ausprobieren sollen und improvisieren lernen sollen. Randori wird v.a. in seiner spielerischen Form im Karate Dojo Bochum zum Aufwärmen von einigen Trainern eingesetzt.
  • Shiai/Jiyu-Kumite: Freier Wettkampf (jedoch ohne bestimmte verbotene Techniken) zwischen zwei Karateka auf einem Wettkampf-Areal mit Schiedrichtern unter Punktevergabe. Der Kampf entscheidet sich nach Punktegewinn oder durch Aufgabe einer der Karateka.

Kumite kann in folgenden Kontakt-Graden durchgeführt werden:

  • No-Contact-Kumite: v.a. bei Kindern angewandt. Die Kumite-Partner berühren sich nicht beim Angriff und nicht bei der Abwehr.
  • Semi-Contact-Kumite: Die Kumite-Partner berühren durch Körperbeherrschung trotz voller Kraftausübung beim Angriff nur am Gi (dem Karate-Anzug). Semi-Contact-Kumite ist normaler Trainingsbestandteil, da auch Prüfungsbestandteil.
  • Full-Contact-Kumite: Die Kumite-Partner berühren sich sowohl bei Angriff und Verteidigung in vollem Umfang. Um Verletzungen zu vermeiden, werden entsprechende Schutzausrüstungen getragen. Full-Contact-Kumite wird in der klassischen Form nicht im Karate Dojo Bochum trainiert. Lediglich beim sog. Pratzentraining wird das kraftvolle Platzieren von Fauststößen und Tritten trainiert, wobei jedoch dicke Polsterkissen und nicht der Körper des Partners das Ziel darstellen.

Ude-Tanren

Ude-Tanren ist z.B. das Abhärten von Muskeln, Knochen und Gelenken durch wiederholte Reize, die den Körper des Karateka veranlassen, die trainierten Muskeln, Knochen und Gelenke stärker auszuprägen. Klassisches Ude-Tanren wird z.B. mittels Makiwara-Boxen seit frühester Karate-Zeit durchgeführt. Eine Makiwara ist ein gepolstertes Schlagbrett, welches mit Fauststößen bearbeitet wird. Damit erhöht sich Schlagkraft, Schlag-Schnelligkeit, Knochendicke und bei exorbitantem Training auch die Gelenkdicke. Ude-Tanren wird in unserem Dojo in Spezialtrainings und als Teil von Zirkeltrainings eingesetzt.